Ein Spaziergang durch den Grazer Stadtpark lohnt sich jetzt mehr denn je. Nach acht Monaten Restaurierung ist der Stadtparkbrunnen wieder in Betrieb – und zeigt sich schöner als in den vergangenen Jahrzehnten. Im sanften Wasserrauschen spiegelt sich das, was Graz so besonders macht: Geschichte, Handwerk und Lebensfreude.
In unserem Video kannst du den neuen Glanz des Brunnens erleben – das Funkeln der bronzenen Figuren, das leise Spiel der Wasserfontänen und den Moment, in dem das historische Herzstück des Parks wieder zu leben beginnt.
Der Stadtparkbrunnen – ein französisches Meisterwerk in Graz
Nur wenige wissen, dass der prächtige Brunnen ursprünglich gar nicht für Graz geschaffen wurde. Er war ein Beitrag Frankreichs zur Weltausstellung 1873 in Wien und stand damals in der legendären Rotunde, dem zentralen Ausstellungsgebäude. Der monumentale Brunnen im Stil des Historismus wurde vom Pariser Künstler Jean-Baptiste Jules Klagmann (1810–1867) entworfen und in der renommierten Eisengießerei von Antoine Durenne (1822–1895) in Sommevoire in der Champagne gegossen.
Der untere Teil des Brunnens stammt aus dem Jahr 1862, der obere wurde eigens für die Weltausstellung gefertigt. In Wien erregte das Werk mit seiner eleganten Komposition aus mythologischen Figuren und Ornamenten große Aufmerksamkeit – doch nach der Ausstellung fand sich in der Hauptstadt kein Käufer.
Zum Glück für Graz: Durch eine Initiative des Grazer Verschönerungsvereins und großzügige Spenden aus der Bevölkerung konnte die Stadt das französische Meisterwerk für 31.500 Gulden plus 7.500 Franc Zoll erwerben – umgerechnet etwa 600.000 Euro. Am 20. August 1874 traf der Brunnen auf fünf Eisenbahnwaggons in Graz ein. Budapest und Prag hatten ebenfalls Interesse bekundet, doch Graz war schneller. Am 4. Oktober 1874, dem Namenstag von Kaiser Franz Joseph, wurde der Brunnen feierlich im Stadtpark eröffnet – damals bekannt als „Franz-Joseph-Brunnen“.
Restauriert mit Fingerspitzengefühl
150 Jahre später war das Denkmal in die Jahre gekommen. Korrosion, Risse und Ablagerungen hatten seine Schönheit verblassen lassen. Für die aktuelle Sanierung wurde der Brunnen vollständig zerlegt, gereinigt und restauriert. Jedes Detail – von den imposanten Figuren bis zu den fein modellierten Reliefs – wurde in Handarbeit überarbeitet.
Restauratorinnen und Restauratoren setzten dabei auf traditionelle Techniken und moderne Materialien zugleich. Die Metalloberflächen erhielten eine neue Fassung im historischen Bronzeton, die im Sonnenlicht golden schimmert. Auch das Becken wurde erneuert: Die Betonschale wurde komplett abgetragen und mit einem speziellen Instandsetzungsmörtel neu aufgebaut. Insgesamt flossen über 4.000 Arbeitsstunden in die Sanierung – eine Meisterleistung, die die ursprüngliche Pracht wieder sichtbar macht.
Parallel dazu wurde die Wassertechnik modernisiert. Unter dem Becken sorgt jetzt ein neues Leitungssystem für das harmonische Spiel der Fontänen, während die Pumpen energieeffizient und wartungsarm arbeiten.
Der Stadtpark als Bühne für Geschichte
Wer heute durch den Stadtpark spaziert, erlebt mehr als nur ein Denkmal. Zwischen alten Bäumen, Blumenbeeten und schattigen Wegen wirkt der Brunnen wie ein Fenster in eine andere Zeit. Seine Figuren, inspiriert von antiken Meeresmotiven, symbolisieren Überfluss, Bewegung und Wandel – Themen, die bis heute ihren Reiz behalten.
Im Herbstlicht glänzen die bronzenen Oberflächen warm, Kinder laufen um das Becken, und das gleichmäßige Rauschen des Wassers schafft eine Atmosphäre, die man eher in einem Pariser Garten als mitten in Graz erwarten würde.
Der Stadtparkbrunnen ist damit nicht nur ein Stück Stadtgeschichte, sondern auch ein Sinnbild europäischer Kulturverbindungen – entworfen in Paris, gegossen in der Champagne, präsentiert in Wien und schließlich geliebt in Graz.
Engagement, das Geschichte lebendig hält
Dass der Brunnen heute wieder so strahlt, verdankt Graz dem Zusammenspiel vieler Fachleute aus Restaurierung, Denkmalpflege und Stadtplanung. Ihre Arbeit verbindet historische Forschung mit moderner Technik – und zeigt, wie sorgfältige Pflege ein Denkmal nicht nur bewahrt, sondern neu zum Leben erweckt.
Um diese Tradition fortzuführen, wurde beim Bundesdenkmalamt eine Spendenplattform eingerichtet. Sie ermöglicht Bürgerinnen und Bürgern, die Erhaltung denkmalpflegerischer Projekte im Stadtpark direkt zu unterstützen.
Fazit: Der Grazer Stadtpark – Ein Ort zum Verweilen und zum Staunen
Der sanierte Stadtparkbrunnen ist weit mehr als ein kunstvoll restauriertes Bauwerk. Er ist ein Ort, an dem Geschichte greifbar wird, wo Handwerk und Natur ineinanderfließen und wo Graz zeigt, wie man kulturelles Erbe lebendig hält.
Wer den Stadtpark besucht, sollte sich Zeit nehmen – auf einer Bank sitzen, dem Wasser zuhören, den Blick über die Figuren schweifen lassen – und einfach genießen, wie ein Stück Geschichte wieder zu neuem Leben erwacht.
Foto: Steirerwek